„Spillste wirklich jeden Freitach hier?“ fragte mich die ältere Dame mit wunderbarstem Vorgebirgsslang vor einigen Jahren nach einem Konzert im Gaffel am Dom. „Jo, sicher“ bestätigte ich wahrheitsgemäß. „Un wat machste die andere Tage?“
Dieser Dialog kommt mir oft in den Sinn und amüsiert mich immer wieder. Denn auch wenn es für viele Menschen offensichtlich komisch ist, dass ich nicht täglich im Brauhaus sitze, Bier trinke und nur auf den Freitag warte, gibt es ja noch ne ganze Menge anderer Dinge, die ich so machen darf.
Zum Beispiel sitze ich seit über zehn Jahren auch schon mal MONTAGS (ja, wirklich!) in einem Brauhaus, wo es ebenfalls leckeres Gaffel Kölsch gibt, allerdings knapp sechshundert Kilometer entfernt vom Dom, nämlich in Berlin. Und immer, wenn ich das erzähle, ernte ich große, ungläubige Augen, die fragen „Kennen die da die kölschen Lieder überhaupt?“.
Und wie! Die drei Berlin-Konzerte pro Jahr gehören definitiv zu meinen Highlights! Das Gaffel Haus in der Friedrichstraße ist nicht nur ein wunderbares, liebevoll geführtes und eingerichtetes Brauhaus in der Hauptstadt, sondern begeistert mich vor allem wegen der Menschen dort. Vor und hinter der Theke! Ein tolles Team mit wunderbarem Service und absolut begeisterte Konzertgäste an in der Regel restlos ausverkauften Montagabenden.
Foto: visit Berlin/Wolfgang Scholvien
Es ist schon ganz besonders, wenn ich daran denke, dass oft die ersten Konzertbesucher*innen schon um kurz nach drei in der Location aufschlagen, obwohl meine Show erst um 20 Uhr beginnt. Sie haben wirklich unfassbar Bock aufs Singen, auf die kölschen Songs, ein bisschen auf das Lebensgefühl und natürlich das dazu passende Kaltgetränk. Und wenn es dann pünktlich losgeht, sind sie kaum zu halten. Bombenstimmung vom ersten Song an, fröhliche Gesichter, manchmal überraschte und ungläubige Gesichter, von Leuten, die zum ersten Mal da sind oder mitgezogen worden sind. Vor allem aber: Tränen in den Augen. Vor Freude. Vor Sehnsucht. Vor Heimweh. Einfach, weil in diesem Moment alles perfekt zu sein scheint. Weil man plötzlich zu Hause ist. Nicht selten bin ich selbst auch sehr ergriffen, wenn Menschen mir gegenüber ergriffen sind. Da gibt es so viele Augenblicke und Situationen, die ans Herz gehen. Ich liebe die Emotionalität dieser Shows sehr. Deshalb ist es Ehrensache, dass der Song „Ich han nen Deckel“ noch nie auf der Setlist in der Hauptstadt gefehlt hat. Dieser Song der Bläck Fööss besingt das Schicksal vieler Menschen, die genau dort vor der Bühne stehen und sitzen. Es gibt viele Songs, die nicht fehlen dürfen – klar. Der „Deckel“ ist aber ein absolutes Muss.
Und so kann ich nur voller Überzeugung sagen: Kölsche Lieder singen in Berlin funktioniert. Und wie! Es scheint es also wirklich zu geben – mindestens dreimal im Jahr im Berliner Gaffel Haus: Dat beröhmte Berliner Jeföhl!
In diesem Sinne, bis Oktober in der Hauptstadt und vorher jaaaaanz vill im Rheinland – mer sinn uns!
Üre Björn
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