Die Hälfte des Jahres ist fast schon wieder rum, der Sommer kündigt sich mal mehr und mal weniger heftig an, und in den letzten Wochen konnte ich mich über Arbeit wahrlich nicht beklagen. Wobei ich immer wieder gerne betone, dass ich selten das Gefühl habe, „arbeiten“ zu gehen. Für mich ist es eher ein absolutes Privileg, das alles machen und es sogar noch als meinen Job bezeichnen zu dürfen.
Ich habe zu Beginn des Jahres eine wundervolle Karnevalssession gespielt, die „Minge ahle Hoot“-Tour im März und April war ein voller Erfolg, und zum guten Schluss war ich bis vorletzte Woche fleißig im Studio und habe mein neues Album fertig aufgenommen. Uff, ne ganze Menge Holz, wenn ich es im Nahhinein so betrachte.
Da war es umso schöner, dass ich letzte Woche ein paar Tage hatte, um den Akku in Italien wieder aufzuladen. So viel Musik ist in den letzten Monaten und Wochen förmlich aus mir herausgeflossen, da ist es ja klar, dass der Tank irgendwann leer ist und wieder aufgefüllt werden möchte.

Foto: Björn Heuser
Und auch wenn ich am allerliebsten Alben auf Vinyl auf meinem Plattenspieler höre, gibt es manchmal magische Momente, die mir ohne das digitale Streamen von Musik wohl vorenthalten geblieben wären. So ergab es sich, dass ich eher zufällig auf Instagram über einen mir bis dato unbekannten italienischen Künstler gestolpert bin. Was war ich geflasht! So einen fantastischen Moment hatte ich lange nicht mehr. Ich habe mir in den nächsten Stunden und Tagen direkt alle Alben dieses Ausnahmekünstlers reingezogen, und mich darüber gefreut, wie ein kleines Kind. Es war das Gefühl, etwas Großartiges entdeckt zu haben, kombiniert mit der Frage, wie der gute Mann – der seit 2016 sehr erfolgreich ist – bisher an mir vorübergehen konnte. Wer mich näher kennt, weiß, dass Italien mein absolutes Lieblingsland ist, ich vor allem die Sprache liebe, und damit auch der italienischsprachigen Musik sehr zugewandt bin. Jedenfalls hat mich „Ultimo“ – so der Name des Künstlers – extrem abgeholt.
Es ist aber nicht nur die Musik und diese besondere Stimme, die mich begeistert. Nicht nur die Tatsache, dass der 1996 geborene junge Mann schon etliche Platinauszeichnungen im Schrank stehen hat, Milliarden Spotify-Streams verzeichnen und sämtliche Stadien seines Heimatlandes problemlos füllen kann.
Es ist vor allem die künstlerische Idee hinter seinem Schaffen. „Ultimo“ ist zu übersetzen mit „Letzter“ sinngemäß. Er sieht sich also als Sprachrohr der „Letzten in der Gesellschaft“, und gibt damit den Menschen, die es im Leben nicht so gut erwischt hat, Gehör und Stimme. Und das mit dem Temperament, wie es nur ein Italiener kann und mit der Schönheit, die nur die italienische Sprache (na gut, kölsch kann das gewiss auch) mit sich bringt. Ich bin jedenfalls verzaubert!
Besonders war, dass mich Ultimo gar nicht überzeugen musste. Ich war direkt bei ihm. Künstler mit klarer Haltung und konkreter Aussage haben mich schon immer fasziniert. Ähnlich habe ich es nur bei seinem – deutlich älteren Landsmann – Zucchero vor einiger Zeit erlebt. Auch er traf mich wie ein Blitz und lässt mich nicht mehr los. Und natürlich Bruce Springsteen – aber das ist ja sowieso klar. Und wenn es aktuell EINEN Künstler gibt, der weltweit Abend für Abend Haltung zeigt, wie kein anderer, dann ist es Bruce. Abgesehen von der Tatsache, wie sehr er mich und zigtausend andere Menschen mit seinen Statements und seinem Mut beeindruckt, sind solche öffentlichen, fundierten, friedensorientierten und demokratischen Meinungen wichtiger denn je. Es ist inzwischen eins vor zwölf.
Ich werde mir Springsteens Worte nochmal ganz genau anhören und verinnerlichen, wenn ich ihn Ende Juni endlich wieder live erleben darf. Wo? Natürlich in Italien!
Ciao,
üre Björn