Ab August 2024 starte wir mit den unruly readings eine neue Literaturreihe im Orangerie Theater. An drei Sonntagnachmittagen präsentieren interdisziplinär arbeitende Autor:innen ihre performativ erweiterten Lesungen. Die Performances werden mit einem partizipativen Programmteil verbunden, bei dem Publikum und Autor:innen miteinander ins Gespräch kommen und gemeinsam essen können.
Mit den unruly readings soll eine regelmäßig stattfindenden Reihe etabliert werden, in der die Möglichkeiten und Formen performativer Literaturarbeiten präsentiert werden.Darüber hinaus sollen Entwicklungsprozesse angestoßen werden, die durch den Austausch zwischen erfahrenen, performativ arbeitenden Autor:innen, Nachwuchspositionen, anderen Künstler:innen und dem Publikum möglich werden.
Hinter der neuen Reihe stehen mit Son Lewandowski, Michaela Predeick und Katharina Stahlhofen drei Literaturveranstalterinnen, die in Köln bereits mit verschiedenen Projekten wie Insert Female Artist, dem internationalen Literaturfestival Poetica oder dem posse mag in Erscheinung getreten sind.
Son Lewandowski, Michaela Predeick und Katharina Stahlhofen im Gespäch mit dem Orangerie Theater.
Unruly Readings lässt sich mit widerspenstige Lesungen übersetzen. Was ist an diesen Lesungen widerspenstig?
„Die Autor:innen, die wir im Rahmen der neuen Reihe eingeladen haben, gehen bei ihren Auftritten weit über das hinaus, was normalerweise unter einer Lesung verstanden wird. Sie experimentieren mit Musik, mit Sound, mit Video und anderen Künsten und gestalten so einen größeren Resonanzraum für ihre Texte. Den Begriff „widerspenstig“ begreifen wir also positiv als Attribut für etwas, das nicht in konventionelle Formen hineinpasst. Die einzelnen Veranstaltungen umkreisen darüber hinaus aber auch inhaltlich das Thema Widerspenstigkeit.
“Welche Künstler:innen ladet ihr ein, was müssen sie mitbringen?
„Wir haben Autor:innen eingeladen, von denen wir Performances gesehen haben, die uns irgendwie weiter beschäftigt haben – beispielsweise in der besonderen Art, wie sie Literatur und Performance miteinander verbinden. Außerdem ist es uns wichtig, auch jungen, lokalen Autor:innen und Künstler:innen im Rahmen der Reihe eine Bühne zu bieten, um hoffentlich weitere Experimentierfreude zu wecken.“Welche Themen interessieren euch besonders?
„Ohne, dass wir es anfänglich explizit geplant hätten, berühren die Performances unserer ersten Staffel alle auf die eine oder andere Weise gesellschaftlich relevante Themen: Es geht um Deutungshoheiten über den eigenen Körper, um das menschliche Verhältnis zur Natur und darum, sich selbst eine Bühne zu schaffen, von der aus gegenwärtige Diskurse kritisch und poetisch befragt werden. Alle Arbeiten verbindet Momente von Widerspenstigkeit, die wir deshalb zum Titel unserer Reihe erklärt haben.
“Erwartet ihr auch ein widerspenstiges Publikum?
„Das wünschen wir uns sogar! Die unruly readings verbinden jeweils mehrere verschiedene Programmpunkte miteinander und wir möchten den Raum für Austausch und Unvorhergesehenes dabei immer möglichst offenhalten.Dafür planen wir neben den performativen Lesungen andere Formate, wie kulinarische Performances (oder einfach ausgedrückt: ein gemeinsames Essen, das künstlerisch inspiriert ist) und Gesprächsrunden, die zum Ziel haben, Autor:innen und Publikum in einen Dialog zu bringen – ausgehend von den Produktionsprozessen, die den Performances vorangegangen sind.
Versteht ihr das Projekt auch als Nachwuchsförderung?
„Auf jeden Fall! Einerseits haben wir zu allen Terminen auch Autor:innen eingeladen, die noch am Anfang ihres Berufswegs stehen, oder sogar noch studieren. Andererseits hoffen wir, dass junge Autor:innen über so eine Reihe darin bestärkt werden, Formen zu verfolgen, für die es im Literaturbetrieb bisher noch seltener Bühnen gibt. Die Kunsthochschule für Medien ist dafür beispielsweise ein wichtiger Ort, wo die Studierenden sich in alle möglichen Kunstrichtungen ausprobieren können. Deshalb entstehen dort gerade viele spannende Arbeiten, von denen wir auch einige zeigen werden.
“Wie kommt man dazu Literaturveranstalter:innen zu werden?
„Wir drei haben alle jeweils ganz unterschiedliche Wege in den Literaturbetrieb hinter uns: Son Lewandowski hat gemeinsam mit Svenja Reiner als Widerspruch gegen den männerdominierten, weißen Literaturbetrieb das interdisziplinäre INSERT FEMALE ARTIST-Literaturfestival gegründet und kuratiert seitdem immer wieder Literaturveranstaltungen. Michaela Predeick hat zunächst in der Dramaturgie im Theater gearbeitet. In diesem Bereich gehören die Auseinandersetzung mit Literatur und die künstlerische Verarbeitung gesellschaftlich relevanter Themen zum Tagesgeschäft. Katharina Stahlhofen hat mit posse mag verschiedene Publikations- und Veranstaltungsformate für Literatur entwickelt, aus dem Wunsch heraus, diese als soziale Praxis erfahrbar zu machen. Uns drei verbindet, dass die Rolle der Literaturveranstalter:in verschiedene unserer Anliegen und Interessen bündelt: den Austausch mit Autor:innen und Publikum, die Überzeugung, dass Literaturbühnen alternative Sichtbarkeiten und Diskursräume schaffen können (und sollten) sowie die Freude an experimentellen Formaten, wie wir sie mit den unruly readings realisieren wollen.
Was werden die Zuschauer:innen aus den Nachmittagen mitnehmen?
„Hoffentlich das Gefühl, etwas Besonderes gesehen, gehört, gerochen und geschmeckt zu haben. Und einen nachhaltigen Eindruck von dem, was Literatur im Zusammenspiel mit anderen Künsten alles sein kann.“
unruly readings
»Widerspenstige Körper«
Sonntag, 11. August 2024, 17-21 Uhr
mit u.a.: Ralph & Norwin Tharayil (Basel/Berlin) undMaria Babusch (Köln)
In Kooperation mit dem Bonner DFG-Graduiertenkolleg »Gegenwart/Literatur. Geschichte, Theorie und Praxeologie eines Verhältnisses«
»Widerspenstige Natur«
Sonntag, 8. September 2024, 17-21 Uhr
mit u.a.: Rike Scheffler (Berlin) und Lisa James (Köln)
In Kooperation mit dem Literaturhaus Köln
»Widerspenstige Bühnen«
Sonntag, 13. Oktober 2024, 17-21 Uhr
mit u.a.: parallelgesellschaft – Lesebühnenshow aus Berlin
In Kooperation mit der studiobühneköln
- Tickets erhältlich im VVK: https://www.qultor.de/festivals-und-events/unruly-readings
- Reservierungen telefonisch unter 0221-9522708 & per E-Mail an info@orangerie-theater.de
- Ticketpreise: 7 € | 15 € (exkl. Gebühren)
- Ort: Orangerie Theater | Volksgartenstr. 25 | 50677 Köln