Diesen Sommer nutzte ich für ein besonderes Experiment. Okay, ich gebe zu: Für viele von euch klingt es vielleicht gar nicht so besonders, aber für mich war die Idee, ganze sieben Tage offline zu sein und analog zu leben, schon echt eine Herausforderung. Eine Woche lang kein Handy, kein SocialMedia, kein WhatsApp, keine Mails und kein Laptop.
Seit über zwei Jahrzehnten habe ich ja das große Glück, mein Dasein als Berufsmusiker zu fristen und meine Leidenschaft zum Job machen zu dürfen. Und dieser Job hat sich im Laufe der Zeit extrem gewandelt. In Zeiten ohne Facebook und Instagram, als sogar noch echte CDs verkauft wurden, konnte man sich deutlich mehr auf die Kunst und die Kreativität konzentrieren, als es heute der Fall ist. Mit dem Aufkommen und immer wichtiger werden der digitalen Medien, haben sich auch die Anforderungen an die (eher kleinen) Künstler verändert. Mehr als ein Mal fragte ich mich, ob ich denn jetzt eigentlich mehr Marketingmensch als Liedermacher sei. Die Promotiontätigkeiten sind oft umfassender, als die eigentliche kreative Arbeit. Vor allem, wenn man sich – so wie ich – selbst managed und vermarktet. Und so wird der Trend des immer präsent sein, immer höher, schneller, weiter inzwischen für mich persönlich oft zu einer Schikane, die auch fürs Seelenleben gefährlich werden kann.
Also machte ich mich – mit dem Segen meiner Familie – ganz allein mit meiner Gitarre und etwas zu Schreiben – auf in das Land meiner Träume und Sehnsüchte: Italien. Diesmal sollte es erstmalig der Lago Maggiore sein. Welch ein wundervolles Stückchen Erde! Ich habe mir bewusst ein Haus gesucht, ganz oben auf einem Berg, abgeschieden von allem und jedem. Ohne Empfang. Ohne Ablenkung, dafür aber mit traumhafter Aussicht. Hier wollte ich wieder zu mir selbst finden, wieder zum Kern meiner künstlerischen Arbeit zurückkehren. Komplett offline und analog. Nur einmal täglich telefonierte ich mit meiner Frau, um ein Update aus der Heimat zu bekommen.

Foto: Björn Heuser
Die ersten beiden Tage waren etwas fremd, vor allem weil mir auffiel, wie oft ich das Smartphone vermeintlich „brauchte“. Neben der absolut gigantischen Flut an SocialMedia-Updates von Kontakten aus aller Welt, waren es zum Beispiel auch Funktionen wie „Uhr“, „Wecker“ und „Navi“ mit „Restaurants in der Nähe“-Suche, ohne die ich in einer Woche an einem fremden Ort wohl kaum klarkommen würde. Aber ich blieb hart, ließ das Handy aus und spätestens an Tag drei fühlte ich mich schon deutlich entspannter und „angekommener“: Die Wetter-App wurde ersetzt durch den fachmännischen Blick in den Himmel mit der ernüchternden Erfahrung „Wenn et räänt, dann räänt et.“ Die Uhrzeit wurde egal. Wenn es dämmerte, war wohl Abend. Und nach Restaurants in der Nähe fragte ich einfach Einheimische und konnte somit längst verschollene Italienisch-Kenntnisse auffrischen und Spezialtipps bekommen, die mir Google nie verraten hätte. Ich habe selten vorher in meinem Leben einen Entschleunigungsvorgang so bewusst wahrgenommen – es tat so gut! Und es führte zum erhofften Ergebnis: Die Songs flossen nur so aus mir heraus. Vor dem Frühstück war die erste Nummer oft schon fertig und ich konnte völlig frei von Zwängen und Plänen in den Tag starten. Der Blick auf den See inspirierte, Schmetterlinge besuchten mich regelmäßig auf der großen Dachterrasse, selten hörte ich ein Schiffshorn oder mal nen vorbeirauschenden Güterzug. Sonst nichts. Eine Wohltat. Nach sieben Tagen hatte ich fast das Gefühl, als neuer, frischer Mensch zurückgekehrt zu sein. Voller Kraft, voller neuer Ideen und voller Motivation in eine spannende zweite Jahreshälfte zu starten, die ihr Highlight sicherlich am 1. Oktober bei „Kölle singt“ in der LANXESS arena haben wird. Dort wird es wieder laut, sehr laut! Und ich werde es genießen!
Bis dahin nehme ich mir vor, jetzt sehr regelmäßig vom Fluchmodus in den Flugmodus zu wechseln. Es tut so wunderbar gut. Probiert es doch auch mal aus!
Analoge Sommergrüße, ich klapp den Laptop jetzt wieder zu,
üre Björn
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